Kontinuierliche vs. Intervall-Sportarten
Am besten lassen sich die unterschiedlichen Auswirkungen anhand zweier Beispiele beschreiben.
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Kontinuierliche Ausdauerbelastung
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Als kontinuierliche Sportart gelten Sportarten, die über einen längeren Zeitraum eine relativ konstante Leistung erfordern. Dies gilt für alle Ausdauersportarten, sowie auch für einige andere Sportarten. Wie nehmen hier als Beispiel den Radsport. Teilweise verbringen Radsportler über sieben Stunden pro Tag im Sattel und müssen dabei über die gesamte Dauer eine gewisse Leistung erbringen können.
Beim Gesunden ist das kein Problem. Sein Körper registriert einen Blutzuckerabfall und reagiert, indem er weniger Insulin ausschüttet. In der Folge bleibt sein Blutzucker relativ konstant. Wenn intensiver gefahren wird, werden mehr Kohlenhydrate verbraucht, um den vermehrten Energiebedarf zu decken. Diese können wiederum nur mit Hilfe von Insulin in die Muskelzellen (wo sie gebraucht werden) geschleust werden. Es braucht also immer ein gewisses Mass an Insulin, damit der Energiestoffwechsel stattfinden kann.
Wenn der Radsportler über längere Zeit nichts isst oder keine Kohlenhydrate in flüssiger Form (z.B. Energie-Gels) zu sich nimmt, läuft auch der Gesunde irgendwann Gefahr, in einen Hungerast zu fahren. Der Körper hat keine Kohlenhydrate mehr, um die nötige Energie abzudecken. Er greift nun auf die Fettreserven und teilweise sogar auf die Proteinspeicher im Körper zurück, bis wieder genügend Kohlenhydrate verfügbar sind bzw. bis etwas nahrhaftes gegessen wird.
Beim Diabetiker besteht hier das Problem, dass sein Insulin entweder schon im Körper ist oder dass er zu wenig Insulin im Körper hat. Reguliert wird von aussen über Pen, Pumpe usw. Wenn nun ein Diabetiker Ausdauersport betreibt, sinkt wie beim Gesunden der Bedarf an Insulin. Mit den Insulinpumpen bietet sich hier der grosse Vorteil, dass ein gesunder Stoffwechsel nachgeahmt werden kann. Sprich: Vor dem Sport wird die Insulinabgabe reduziert, während dem Sport ebenso und nach dem Sport je nach Bedarf immer noch. Vor allem mit den neuen "closed-loop Systemen" ergibt sich so ein vergleichbares Blutzuckerprofil, wenn man einen Gesunden und einen Diabetiker vergleicht. Wenn der Blutzucker sinkt, gibt die Pumpe wenig bis nichts an Insulin ab, steigt der Blutzucker an, erhöht die Pumpe die Insulinabgabe. Somit lässt sich der Blutzucker sehr gut kontrollieren. Klingt erstmals relativ einfach, allerdings gibt es trotz guter Technik auch noch einige Tücken, auf die weiter unten eingegangen wird.
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Belastung mit wechselnder Intensität
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Gleich vorweg: Interval-Belastungen sind für eine gesunden wie auch für einen diabetischen Körper anspruchsvoller als gleichmässige Belastungen. Deshalb fällt es oft Diabetikern auch schwer, den Blutzucker bei Intervalbelastungen korrekt einzustellen.
Hier dient Eishockey als Beispiel. Ein Hockeyspieler geht aufs Eis, macht 2-3 Sprints, vielleicht noch einen Check und verlässt dann bereits wieder das Eis. Er hat nun Pause und kommt 4-5 Minuten später wieder zum nächsten Kurzeinsatz. Sein Körper muss also immer von "0" auf 100 und zurück.
Durch diese Intervalbelastung kommt es zu einer gesteigerten Hormonausschüttung. Vor allem die Gegenspieler des Insulins Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet, was den Blutzucker ansteigen lässt. Diese beiden Hormone inhibieren, das heisst abschwächen, die Wirkung des vorhandenen Insulins. Insbesondere Diabetiker mit einem Pumpensystem haben deshalb ihre liebe Mühe mit Eishockey. Deshalb muss geschaut werden, dass mit möglichst knappem Zuckerwert ins Spiel gestartet wird. Hilfreich ist es vor allem, wenn der Zucker absinkend ist und nicht schon ansteigend ist vor dem Spiel. Es gibt verschiedene Methoden, den Zucker bereits vorher zum Sinken zu zwingen.
Pumpenträger können ihre temporäre Basalrate erhöhen (ca. 1h vor dem Spiel)
Mit dem Pen die letzte Mahlzeit grosszügig abdecken
Allgemein: letzte Mahlzeit spätestens 2, besser 3 Stunden vor dem Spiel zu sich nehmen
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Nach dem Spiel gilt es dafür umso mehr, vorsichtig zu sein, wenn ein zu hoher Wert korrigiert werden muss. Als Faustregel warte ich nach dem Spiel immer 30 Minuten, bevor ich überhaupt etwas korrigiere. Danach korrigiere ich den aktuellen Wert mit der Hälfte der eigentlichen Dosis. Vor der Bettruhe empfiehlt sich ein Glas Milch, da sich diese nur sehr langsam und gleichmässig abbaut. So kann eine Hypoglykämie nach dem Eishockey vermieden oder zumindest abgeschwächt werden.
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Übrigens: Auch bei kontinuierlicher Belastung kann der Blutzucker ansteigen. Wenn jemand zum Beispiel bei einem Rennen (Marathon oder Radrennen) sehr nervös ist oder es einen Massensturz gibt, schüttet der Körper auch massenweise Adrenalin und Noradrenalin aus. Das führt dann wie bei den Intervallen zu einem Anstieg des Blutzuckers.
Beim Interval-Training im Ausdauersport besteht aber ein Unterschied zum Eishockey. Der Ausdauersportler setzt sich in den Pausen nicht auf die Bank, sondern erholt sich aktiv. Dadurch wird die Interval-Wirkung auf den Blutzucker etwas umgangen. Der Blutzucker steigt deshalb in einem Intervaltraining nicht an.